Die INFA 2022 steht vor der Tür und viele Hannoveranner:Innen werden zum Messegelände pilgern und sich über die unterschiedlichen Angebote der Aussteller informieren. Es war im Jahr 1954, als die INFA, damals noch unter dem Titel „Niedersächsische Hauswirtschaftliche Landesausstellung“ stattfand. 1957 erfolgte die Umbenennung in „Hausfrauen-Ausstellung“, ab 1973 dann INFA. Viele Millionen D-Mark und Euro sind seitdem in den Messehallen umgesetzt worden. Aber wie sind diese Geschäfte vor Ort rechtlich zu bewerten?

Kaufen wie im Geschäft oder Haustürgeschäft? 

So mancher Euro, der auf der INFA ausgegeben wird, geht im Kaufrausch über den Verkaufstresen und wird später bereut. Dann stellt sich schnell die Frage, ob man den Kauf widerrufen kann oder irgendwie aus dem Vertrag kommt. Wenn Verbraucher außerhalb des Geschäftsraums des Verkäufers einen Vertrag abschließen, steht ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Aber sind Messestände, auf denen gekauft wird, nun Geschäftsräume des Verkäufers oder nicht? Hier sind wie immer die Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Tatsächliche Knackpunkte sind die juristische Beurteilung eines Geschäftsraums und die Umstände im Einzelfall. Abzustellen ist hier auf die Wahrnehmung des Durchschnittverbrauchers vom konkreten Erscheinungsbild des Messestands (EuGH, Urteil vom 07. August 2018; Az.: C-485/17). Bei einer klassischen Verkaufsmesse besteht ein Widerrufsrecht regelmäßig nicht, weil ein Angebot zum Kauf hier keine Überrumpelung des Verbrauchers darstellt. Eine Ausnahme gilt nur bei reinen Informations- oder Werbeständen, so der BGH (Urteil vom 10. April 2019; Az.: VIII ZR 82/17). 

Kaufen Sie auf der INFA, wenn Sie unmittelbar vor Vertragsschluss außerhalb des Geschäftsraums angesprochen wurde, zum Stand geführt und der Vertrag dann am Stand abgeschlossen wird, greift ebenfalls das Rechts auf Widerruf (§ 312b Nr. 3 BGB.)

Anfechtung, Kündigung/Stornierung und Widerruf bei Ratenkauf

Wenn Sie beim Kauf eine Ratenzahlung vereinbart haben, bei der für das Hinausschieben des Zahlungsziels Kosten anfallen, kann der Kaufvertrag grundsätzlich widerrufen werden. (§§ 491, 495, 355 BGB.)

Wenn ein Widerrufsrecht nicht besteht, sollte man prüfen, ob die Möglichkeit der Vertragsanfechtung besteht. Anfechtungsgründe können Wucher oder eine arglistige Täuschung sein. Dazu muss man allerdings nachweisen, dass man von dem Anbieter auf der Messe vorsätzlich mit Falschinformationen zum Vertragsschluss verleitet wurde oder die Ware weit überteuert und mindestens 100 % über dem üblichen Marktpreis liegt. Auch muss eine Notsituation ausgenutzt worden sein, wie es z.B. bei einigen unseriösen Schlüsselnotdiensten der Fall sein kann. In vielen Fällen wird es allerdings unmöglich sein, diesen Beweis zu erbringen. 

Manche Händler sehen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Stornierungsmöglichkeit. Sieht eine solche AGB-Klausel aber vor, dass die Stornierungskosten 35-40% des Kaufpreises übersteigen, sind solche Klauseln unwirksam. 

Wie kann man sich absichern?

Die Kaufverträge, die auf Messeständen abgeschlossen werden, sind standardisiert, lassen aber auch Raum für individuelle Vereinbarungen. Lassen Sie sich im Kaufvertrag schriftlich ein 14-tägiges kostenloses Rücktrittsrecht zusichern. Stellen Sie dabei sicher, dass Ihnen die Kontaktdaten des Verkäufers bekannt sind. Sie müssen nämlich im Falle eines Rechtsstreits beweisen, dass der Widerruf dem Verkäufer auch zugegangen ist. 

Andreas Tietgen, 28.09.2022